Open Access zur Hörwelt in Virtuellen Realitäten – Claudia Jenny, ARD/ZDF Förderpreis-Nominierte 2019, erkundet, wie sich individuelle Hörgegebenheiten auf die Realismusempfindung in VR-Räumen auswirken
Wie muss eine virtuelle Welt akustisch in Headsets für unsere beiden Ohren abgebildet werden, um als wirklich empfunden zu werden? Muss Sie für jeden verschieden sein, weil wir ja alle individuell etwas anders hören? Entstehen die wichtigen Hörunterschiede dabei erst im Mittelohr und Innenohr? Oder nicht schon früher und andernorts: in verschieden geformten Außenohren, Gehörgängen, Köpfen und Körpern? Wie wirkt sich das im Besonderen auf die Lokalisation von einzelnen Schallquellen im virtuellen Raum aus? Wie lassen sich individuelle Unterschiede in der Realitätswahrnehmung denn wissenschaftlich überhaupt klar überprüfen?
Claudia Jenny fand bei ihren Forschungen viele interessante Antworten auf diese und noch viele andere Fragen. Ihre Promotion an der Universität Wien, in der sie zu lesen sind, trägt den Titel: „Individuelle Hörwahrnehmung in virtueller Realität – Der Einfluss individualisierter binauraler Darbietung auf die empfundene Realitätsnähe in audiovisuellen virtuellen Umgebungen“. Die Arbeit entstand in Kooperation mit dem Institut für Schallforschung (IFS) an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien, ihr Betreuer war Christoph Reuter.
Welche Erkenntnisse Claudia Jenny im Detail gewonnen hat, ist leicht herauszufinden. Denn als Besonderheit hebt sich bei ihr eine offene wissenschaftliche Haltung hervor. Die in der Dissertation entstandenen Datensätze, Ergebnisse und sogar die entwickelten Algorithmen, in diesem Fall das Audio-Plug-In „SOFAlizer for Unity“, stehen frei und kostenlos zur Benutzung und Weiterentwicklung anderen Wissenschaftler*innen zur Verfügung. Wo sonst Institutionen entstehende Forschungsergebnisse – auch bei in Kooperation entstehenden Abschlussarbeiten – strikt kontrollieren und daraus oft eigene kommerzielle Verwertungen generieren, gehen die Autorin und das IFS als Kooperationspartner ganz bewusst einen anderen Weg im Sinne von Open Access.
Der Name Claudia Jenny taucht zum zweiten Mal unter den Nominierten für den Förderpreis auf, schon im Jahr 2016 war sie mit Ihrer Masterarbeit vertreten: „Untersuchung zur Verwendung eines wellenfeldsynthesebasierten Algorithmus für kanalreduzierte Lautsprechersetups in kleinen Räumen“. Sie konnte bislang in ihrem Leben die Begeisterung für Musik und für Medientechnologie konsequent verbinden. Zu Bachelor, Master und Promotion in Musikwissenschaft an der Universität Wien kamen zusätzlich noch Lehrveranstaltungen im Fach Elektrotechnik und Informationstechnik an der Technischen Universität in Wien. Ihr Berufsweg führte sie seit kurzem jedoch in eine ganze neue Hörwelt. In der Automobilbranche beschäftigt sich Claudia Jenny inzwischen mit der Erforschung und Entwicklung zu den vielfältigen akustischen Einflussfaktoren im Inneren eines Autos.